Japanische Spitzenunternehmen gründen Chiphersteller

 

IJapan bahnt sich eine nationale Allianz führender Technologieunternehmen mit der Regierung an, um Mikrochips der neuesten Generation zu entwickeln und zu produzieren. An dem Gemeinschaftsunternehmen werden sich acht Spitzenadressen der japanischen Wirtschaft beteiligen, von Toyota Motor über Sony und NEC bis zu Kioxia, NTT und Softbank. Das berichten die Wirtschaftszeitung „Nikkei“ und der öffentlich-rechtliche Fernsehsender „NHK“.

Patrick Welter

Korrespondent für Wirtschaft und Politik in Japan mit Sitz in Tokio.

Die Initiative kommt zu einer Zeit, in der westliche Demokratien wie die Vereinigten Staaten, Deutschland und die Europäische Union sich mit Finanzhilfen in Milliardenhöhe bemühen, durch Halbleiterfertigung im eigenen Land unabhängiger von Asien zu werden. Die hohe Konzentration der Produktion der leistungsfähigsten Chips in Taiwan und Südkorea verschärft die geopolitischen Risiken um China und Nordkorea. Zugleich versucht Amerika mit Exportregulierungen, die auch ausländische Unternehmen binden, die Entwicklung modernster Halbleiter in China zu verlangsamen (F.A.Z. vom 15. Oktober).

Die japanische Regierung wird das neue Gemeinschaftsunternehmen finanziell unterstützen. Schon im Frühjahr hatten Tokio und die amerikanische Regierung vereinbart, Halbleiter der neuesten Generation gemeinsam zu entwickeln und ihre Lieferketten für Mikrochips zu sichern. Ein gemeinsames Forschungszentrum, für das Japan 350 Milliarden Yen (2,4 Milliarden Euro) bereitstellen will, soll bis zum Jahresende stehen. Das Unternehmen der japanischen Wirtschaft wird diese internationale Kooperation vertiefen. Das Unternehmen soll den Namen „Rapidus“ tragen, was die Dringlichkeit der Aufgabe aus japanischer Sicht unterstreicht.

Eine Bestätigung des Wirtschaftsministeriums für die Initiative war vorerst nicht zu erlangen. Toyota erklärte, dass die Meldungen nicht von ihm stammten. Das ist eine in Japan übliche Formulierung, wenn Unternehmen eine Nachricht noch nicht bestätigen wollen.

Japan zieht mit Taiwan und Südkorea gleichauf

Das Gemeinschaftsunternehmen soll bis etwa 2027 Halbleiter in der Zwei-Nanometer-Technik entwickeln und produzieren. Die Zahl beschreibt die Breite der Schaltkreislinien. Je kleiner, desto energiesparender und leistungsfähiger sind die Chips. Japan würde nach dem Plan mit den technisch führenden Herstellern, Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC) und Südkoreas Samsung Electronics, gleichziehen. Samsung begann im Sommer mit der Massenproduktion von Halbleitern in der Drei-Nanometer-Technik. TSMC steht kurz davor. Für 2025 streben beide die Produktion von Zwei-Nanometer-Chips an.

Rapidus ist für Japan nicht die einzige Initiative, um in der Produktion von Halbleitern wieder Boden zu gewinnen. Die Regierung hat schon Subventionen von umgerechnet bis zu 3,3 Milliarden Euro für eine Halbleiterfabrik von TSMC und Sony genehmigt. Die Speicherchiphersteller Kioxia, ehemals Toshiba Memory, und das amerikanische Micron Technology erhalten für Fabriken in Japan umgerechnet 640 Millionen und 320 Millionen Euro. In einem Nachtragshaushalt stellt die Regierung 1,3 Billionen Yen (8,9 Milliarden Euro) für die Förderung der Halbleiter zur Verfügung. Zum Vergleich: Deutschland könnte die Ansiedlung einer Chipfabrik von Intel in Magdeburg mit bis 6 Milliarden Euro subventionieren. Bosch erhielt zuletzt für ein Werk in Dresden 200 Millionen Euro.

Neue Hoffnung nach 10 Jahren

Japan ist in der Produktion von Halbleitern ins Hintertreffen geraten. Um 1990 noch lieferte das Land global rund die Hälfte der Mikrochips. Zuletzt waren es etwa 10 Prozent. In Teilbereichen von Material oder Maschinen für die Halbleiterproduktion aber gehören japanische Unternehmen oft zur Weltspitze.

Die Regierung hat mit der Subventionierung und industriepolitischen Lenkung der Halbleiterbranche gemischte Erfahrungen gemacht. Der Speicherchiphersteller Elpida, der 1999 unter anderem aus Abteilungen von Hitachi und NEC geformt wurde, ging 2012 in Konkurs. Dagegen hat der Chiphersteller Renesas, der analog mit Staatshilfe ins Leben gerufen wurde, sich recht erfolgreich stabilisiert. Renesas ist ein wichtiger Zulieferer für die Autowirtschaft.

An der Rapidus-Initiative beteiligen sich den Berichten zufolge der führende Autohersteller Toyota und sein wichtiger Zulieferer Denso. Sony Group und Kioxia gehören zu den führenden Herstellern von Bildsensoren beziehungsweise Speicherchips. NTT ist Japans größter Anbieter von Telefondienstleistungen und -netzwerken. Auch das Elektronikunternehmen NEC, der Technologieinvestor Softbank und die Bank Mitsubishi UFJ wollen teilnehmen.

Quelle:Japanische Spitzenunternehmen gründen Chiphersteller | Wochentlich