China gegen Taiwan: „Ein eskalierender Konflikt wäre eine Katastrophe für Deutschland“
09.08.2022
Der Taiwan-Konflikt ist weit weg? Von wegen: Auch Deutschland würde die Auswirkungen einer Eskalation zu spüren bekommen. Es droht der „Super-GAU“.
München/Taipeh – Nancy Pelosi hat Taiwan verlassen. Am Mittwochnachmittag (Ortszeit) stieg die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses in Taipeh in ein Flugzeug, das sie nach Südkorea bringen sollte. Beendet ist der Taiwan-Konflikt mit der Abreise der 82-Jährigen allerdings noch lange nicht. Für die kommenden Tage hat Peking umfangreiche Militärmanöver rund um die Insel angekündigt, und Beobachter sind sich einig: Eines Tages wird China versuchen, das demokratische Land, das Peking als „abtrünnige Provinz“ betrachtet, mit dem kommunistischen Festland „wiederzuvereinigen“.
Konsequenzen hätte ein eskalierender Taiwan-Konflikt vor allem für die knapp 24 Millionen Einwohner des kleinen Landes. Aber auch die Weltwirtschaft würde wohl enorm in Mitleidenschaft gezogen werden, sollte es zu einem chinesischen Angriff kommen. „Die Situation rund um Taiwan macht mir weltwirtschaftlich – aber auch für die deutsche Wirtschaft – seit einiger Zeit Sorgen“, sagt Sebastian Dullien, Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. „Wenn man sich anschaut, wo Halbleiter und andere Vorprodukte produziert werden, wie die Lieferketten aussehen, dann wäre ein eskalierender Konflikt eine Katastrophe für Deutschland“, so Dullien zu Merkur.de von IPPEN.MEDIA.
Denn in Taiwan – genauer: in der 450.000-Einwohner-Stadt Hsinchu im Nordwesten des Landes – hat TSMC, der weltgrößte unabhängige Auftragsfertiger für Halbleiter, seinen Sitz. Die Chips, die TSMC produziert, gehören zu den besten, die der Markt zu bieten hat. Und sie stecken in unzähligen Produkten, die wir täglich nutzen: in iPhones und anderen Handys, in Aufzügen und Küchenmaschinen, in Autos und Fernsehern. „TSMC ist systemrelevant“, sagt die Volkswirtin Wan Hsin-liu vom Kiel Institut für Weltwirtschaft zu Merkur.de von IPPEN.MEDIA. „Wenn TSMC seine Chips nicht mehr exportieren kann, hat das Einfluss auf die globalen Lieferketten, aber auch auf die Stabilität der Weltwirtschaft allgemein.“ Auch deshalb besuchte Pelosi nach ihren politischen Terminen auch TSMC und traf mit dem Vorstandschef Mark Liu zusammen.
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Taiwan-Konflikt: Der Westen ist von Chips aus Fernost abhängig
TSCM ist besonders gut darin, Chips herzustellen, die sehr klein und sehr leistungsfähig sind. Experten sprechen von Chips mit extrem kleinen Strukturbreiten. Im Bereich von 5 Nanometern Strukturbreite führt TSCM schon jetzt vor der südkoreanischen Konkurrenz von Samsung; und schon in diesem Jahr wollen die Taiwaner noch kleinere Chips herstellen, die dann zuerst in Produkten von Apple verbaut werden könnten. Sollte Taiwan diese Halbleiter nicht mehr exportieren können – etwa, weil China die Handelswege abschneidet –, bekämen das auch die deutschen Verbraucher schnell zu spüren. Schon heute klagt die Industrie über einen Chipmangel, auch wenn die sinkende Nachfrage privater Haushalte zuletzt für eine vorübergehende Entspannung gesorgt hat.
Sollte China tatsächlich Taiwan angreifen, könne man das natürlich nicht einfach so hinnehmen, sagt Sebastian Dullien von der Hans-Böckler-Stiftung. „Die Frage ist: Wie geht man damit um?“ Sollte der Westen Sanktionen gegen China erlassen, wäre das ein „massivster wirtschaftlicher Schock“, zumal China wohl mit Gegensanktionen reagieren würde. „Die neueste Halbleiter-Generation wird nur in Taiwan und Südkorea hergestellt, wir bekämen also ein ganz, ganz massives Problem. Das wäre weltwirtschaftlich der Super-GAU.” Ein Super-GAU mit Ansage, denn die Abhängigkeit von taiwanischen Chips ist ähnlich groß wie die von russischem Gas.
Quelle:Taiwan gegen China: „Eskalierender Konflikt wäre Katastrophe für Deutschland“ (merkur.de)