So stark ist Ihr Job durch KI bedroht
15. Mai 2023
Künstliche Intelligenz revolutioniert die Arbeitswelt – mal weniger, mal mehr. In welchen Jobs könnten KI und Roboter menschliche Arbeit wie stark ersetzen? Ein interaktiver Blick auf mehr als 300 Berufe – und ein Besuch bei einer kleinen Fleischerei, die KI als große Chance sieht.
Von Jörn Seidel, Alexa Schulz und Jannes Höke
In der Reifekammer der Landfleischerei von Katharina Koch hängen die Mettwürste dicht an dicht über Monate hinweg. Mit Abwarten allein ist es aber nicht getan. Täglich muss das Metzgerteam den Reifeprozess beobachten und ständig reagieren. Unter dem Dach des alten Fachwerkhauses kommt dabei auch künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz.
Macht KI die Arbeit leichter?
Sensoren stecken in einigen Würsten. Sie messen Temperatur, Feuchtigkeit und PH-Wert, woraus die KI dann Schlüsse zieht, um beim Reifeprozess zu helfen. “Wir hoffen, dass die künstliche Intelligenz uns eine Arbeitserleichterung bringt”, sagt Koch dem WDR.
Koch sieht die KI als Chance. Anderen bereitet sie Sorgen. Denn die Ausbreitung von künstlicher Intelligenz – vom Roboter im Restaurant bis hin zur frei verfügbaren Texterstellung mit ChatGPT – ist rasant. KI revolutioniert die Arbeitswelt. In Zukunft wird sie noch viel mehr menschliche Arbeit ersetzen als bisher.
Wo genau? Welche Jobs sind durch künstliche Intelligenz und Roboter, in denen ja ebenfalls KI tickt, besonders bedroht? Das hat ein Forschungsteam aus Lausanne um den Robotiker Dario Floreano und den Ökonomen Rafael Lalive untersucht. Dafür verglich das Team Berufsprofile mit den Fähigkeiten von KI. Eine Auswahl auf Deutsch aus dem Online-Tool zur Studie:
Wie hoch ist das Automations-Risiko für diese Jobs?
Hohes Risiko für Schlachter und Fleischverpacker
Das geringste Automations-Risiko durch KI haben laut der Studie Physiker – das höchste Schlachter und Fleischverpacker. Auch Metzger haben demnach ein ziemlich hohes Risiko, dass Tätigkeiten ihres Berufs ersetzt werden könnten.
Aber es gehe eben nur um bestimmte Tätigkeiten, sagt Immanuel König von der Uni Kassel dem WDR. Er betreut den Einsatz der KI in der Fleischerei Koch im hessischen Calden für ein Forschungsprojekt. Die KI solle keinen ganzen Menschen ersetzen, betont er. “Das ist eine Assistenz.”
Die KI solle die Daten aus der Reifekammer analysieren, Muster erkennen und die Reifung abbilden, erklärt König. Man versuche, der KI jenes Wissen zugänglich zu machen, dass sich die Metzger über Jahre und Jahrhunderte angeeignet hätten. Schließlich geht es nicht um irgendeine Mettwurst, sondern um die traditionelle hessische “Ahle Wurscht”. Bewährt sich das KI-Projekt, könne man es auch für Käse, Wein und andere Reifeprozesse einsetzen.
“Verwüstungen auf dem Arbeitsmarkt” durch KI?
Über die Chancen und Gefahren von künstlicher Intelligenz für die Arbeitswelt wird derzeit viel diskutiert. Man müsse mit “Verwüstungen auf dem Arbeitsmarkt” rechnen, warnte zum Beispiel im April der Geschäftsführer der Bonner Wirtschafts-Akademie, Harald Müller.
Eine Studie der US-Bank Goldman Sachs vom März erwartet durch KI einen Verlust von weltweit 300 Millionen Vollzeitarbeitsplätzen. Das Weltwirtschaftsforum geht in einem Report vom Mai davon aus, dass allein in den hoch entwickelten Industrieländern bis zum Jahr 2027 rund ein Achtel der untersuchten Arbeitsplätze wegfallen wird. Allerdings würden durch den Wandel auch Millionen neue Jobs entstehen.
Bundesinstitut für Berufsforschung: “Nur Mut!”
“Nutzen Sie die Chancen, die dieser Wandel mit sich bringt. Nur Mut!”, ermuntert das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit auf der Website seines Job-Futuromaten.
Das Online-Tool der Behörde soll unter anderem bei der Berufswahl helfen. Es zeigt, wie sehr die “Kerntätigkeiten” von bestimmten Berufen nach heutigem Stand automatisierbar sind. Das geht zwar nicht so tief wie die Studie aus Lausanne, bietet aber noch andere nützliche Informationen – etwa dazu, welche konkreten Technologien die Berufe verändern.
Erst Politikwissenschaftlerin, dann Fleischerei-Chefin
Fleischerei-Inhaberin Katharina Koch blickt jedenfalls optimistisch in die Zukunft – auch mit KI. Vor einigen Jahren hatte sie Politikwissenschaft studiert und zunächst in dem Bereich gearbeitet. Dann kam ihr Vater auf sie zu, weil ihre großen Brüder die Nachfolge des Betriebs doch nicht antreten wollten.
Nun sei sie es, die sich um die “Bewahrung der Tradition” bemühe, sagt Koch. Und dazu gehöre eben auch: Man müsse “immer mitdenken, sich weiterzuentwickeln”. Das hätten ihre Vorgänger schließlich auch getan.
Quelle:Wie künstliche Intelligenz die Arbeitswelt verändert (wdr.de)